Anforderungen an Leistungsverzeichnisse öffentlicher Auftraggeber
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Anforderungen an Leistungsverzeichnisse öffentlicher Auftraggeber
In öffentlichen Vergabeverfahren bilden Leistungsbeschreibung und Leistungsverzeichnis (LV) den Kern der Vergabeunterlagen. Sie legen fest, was der Auftragnehmer leisten soll, und müssen deshalb hohen formalen und inhaltlichen Anforderungen genügen. Dies gilt sowohl im Oberschwellenbereich (EU-weite Vergaben nach GWB und VgV) als auch im Unterschwellenbereich (nationale Vergaben nach VOB/A bzw. UVgO.
Anforderungen an Leistungsverzeichnisse im Handwerk
- Rechtliche Grundlagen
- Formale Anforderungen
- Inhaltliche Anforderungen
- Konventionelles Leistungsverzeichnis
- Vorgaben zu Transparenz
- Praxisorientierte Checkliste
Rechtliche Grundlagen für Leistungsbeschreibung und LV
Gesetzliche Vorschriften: Die Anforderungen an Leistungsbeschreibungen sind in mehreren Rechtsquellen verankert. Für EU-weite Vergaben (oberhalb der EU-Schwellenwerte) enthält das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Teil 4 grundsätzliche Vorgaben. So bestimmt etwa § 121 GWB, dass der Auftragsgegenstand klar und vollständig zu beschreiben ist, damit alle Unternehmen die Beschreibung gleich verstehen und Angebote vergleichbar sind. In § 97 Abs. 4 GWB wird außerdem geregelt, dass Leistungen grundsätzlich in Losen vergeben werden sollen (Teillose nach Menge, Fachlose nach Art), um Mittelstandsförderung zu gewährleisten – Ausnahmen sind nur aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen zulässig und zu begründen.
Vergabeverordnungen: Auf Ebene der Verordnungen konkretisieren die Vergabeverordnung (VgV) für den Oberschwellenbereich und die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) für nationale Vergaben von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen diese Grundsätze. § 31 VgV und § 23 UVgO fordern beide, dass die Leistungsbeschreibung eindeutig und erschöpfend sein muss und alle für die Angebotskalkulation wesentlichen Informationen enthalten soll. Zugleich müssen die Leistungsanforderungen so formuliert sein, dass alle Bieter sie im gleichen Sinne verstehen und ihre Angebote miteinander verglichen werden können. Darüber hinaus gestattet § 31 VgV/§ 23 UVgO, qualitative, soziale, innovative und umweltbezogene Anforderungen in die Leistungsbeschreibung aufzunehmen. Speziell bei Leistungen für die Nutzung durch Menschen (z. B. öffentliche Gebäude oder IT-Systeme) sind auch Zugänglichkeitskriterien für Behinderte bzw. Design für Alle zu berücksichtigen (vgl. § 121 Abs. 2 GWB bzw. § 23 Abs. 4 UVgO).
VOB/A und VOB/C für Bauleistungen: Für Bau- und Bauunterhaltungsmaßnahmen gelten die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen: VOB/A Teil A (Vergabebestimmungen) und VOB/C (Technische Bedingungen). § 7 VOB/A enthält zentrale Vorgaben zur Leistungsbeschreibung. Wichtig ist hier vor allem § 7 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A: „Die Leistung ist eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Unternehmen die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können.“. Unklare oder lückenhafte LVs sind unzulässig, weil sie den Wettbewerb verzerren könnten. Zudem schreibt VOB/A vor, dass alle preisbeeinflussenden Umstände vom Auftraggeber ermittelt und in den Vergabeunterlagen angegeben werden müssen, damit Bieter eine einwandfreie Kalkulation erstellen können. Die VOB/C beinhaltet für verschiedene Gewerke die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV), beginnend mit DIN 18299 „Allgemeine Regelungen für Bauarbeiten jeder Art“. In Abschnitt 0 jeder ATV finden sich „Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung“, die bei öffentlichen Aufträgen verbindlich zu beachten sind. Diese Hinweise geben vor, welche Angaben in einem Bau-Leistungsverzeichnis gemacht werden müssen – etwa zur Baustellensituation, zur Ausführung, zu Nebenleistungen und zur Abrechnung. Zusammen mit spezialisierten ATV für einzelne Gewerke (DIN 18300 ff.) bilden sie den Maßstab für eine fachgerechte und vollständige Leistungsbeschreibung im Baubereich.
Weitere normative Grundlagen: Neben den genannten Hauptquellen sind auch die Vergabehandbücher und Verwaltungsvorschriften der öffentlichen Hand relevant. Beispielsweise enthält das Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB) Bund standardisierte Formblätter und Hinweise für LVs (etwa zu Vorbemerkungen und Positionsbeschreibungen). Landesvergabeleitfäden (z. B. Bremen) betonen zusätzlich, dass Leistungsverzeichnisse nur technische Regelungen und Leistungsangaben enthalten sollen, jedoch keine Vertragsklauseln oder vergabefremden Bedingungen (solche gehören in die Vertragsbedingungen). Diese Grundsätze – klare Trennung von technischer Leistungsbeschreibung und Vertragsrecht – gelten bundeseinheitlich.
Formale Anforderungen an Aufbau und Form des Leistungsverzeichnisses
Gliederung und Struktur: Ein Leistungsverzeichnis muss logisch gegliedert und übersichtlich aufgebaut sein. Üblich ist eine Aufteilung nach Gewerken oder Leistungsbereichen und gegebenenfalls weiteren Unterabschnitten. Öffentliche Auftraggeber erstellen im Normalfall ein in Einzelleistungen gegliedertes LV mit fortlaufenden Positionsnummern. Jede Position beschreibt eine konkrete Leistungseinheit (mit Positionsbeschreibung, Menge und Einheit). Zusammen mit einer Baubeschreibung bzw. Leistungsbeschreibung im engeren Sinne (allgemeine Beschreibung der Maßnahme) ergibt sich so ein strukturiertes Gesamtbild (§ 7b Abs. 1 VOB/A). Wichtig ist, dass die Positionsreihenfolge und -nummerierung konsistent bleibt; bei elektronischen LVs (s. u.) darf die vorgegebene Positionsstruktur nicht nachträglich verändert werden, damit Vergleichbarkeit und Zuordnung gewährleistet sind. Außerdem sind keine Widersprüche innerhalb des LVs zulässig – alle Angaben müssen stimmig zueinander passen (z. B. dürfen Maßeinheiten und Summen nachvollziehbar sein, und Vorbemerkungen dürfen den Einzelpositionen nicht entgegenstehen).
Vorbemerkungen und allgemeine Angaben: Vorbemerkungen im LV dienen dazu, für alle Positionen geltende technische Rahmenbedingungen zu formulieren (z. B. allgemeine Ausführungsstandards, Schutzmaßnahmen, Arbeitszeiten). Gemäß den Vergabehandbüchern dürfen diese allgemeinen Vorbemerkungen nur technischen Inhalt haben und einheitlich für alle betreffenden Leistungen gelten. Keine Vorbemerkung sollte jedoch Vertragsbedingungen oder preisrelevante Umstände enthalten, die nicht ohnehin in jeder Position berücksichtigt werden müssen. Anders gesagt: Rechts- und Vertragsregeln gehören in die Vertragsbedingungen, nicht ins Leistungsverzeichnis. Zulässig sind dagegen technische Hinweise, die für das Verständnis aller Positionen wichtig sind (etwa ein Pauschalhinweis „Sämtliche Leistungen sind gemäß DIN-Vorschriften auszuführen“). Die Platzierung der Vorbemerkungen ist nicht normiert – sie können am Anfang des LVs oder kapitelweise (titelbezogen) vor den jeweiligen Positionsgruppen stehen. Entscheidend ist, dass sie klar erkennbar und für alle Bieter einheitlich gelten.
Losaufteilung: Öffentliche Auftraggeber sind verpflichtet zu prüfen, ob der Auftrag in Teillose oder Fachlose aufgeteilt werden kann, um mittelständischen Unternehmen die Beteiligung zu erleichtern. Nach VOB/A und GWB gilt der Grundsatz der Losvergabe: Bauleistungen sollen „in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose)“ ausgeschrieben werden. Eine Gesamtvergabe ohne Losaufteilung ist nur zulässig, wenn zwingende wirtschaftliche oder technische Gründe vorliegen. Solche Gründe (z. B. Koordinationsaufwand, Schnittstellenprobleme oder wirtschaftliche Unteilbarkeit) sind schriftlich zu dokumentieren. Praktisch bedeutet dies: Beim Aufstellen des LVs muss der Auftraggeber entscheiden, ob er mehrere Lose bildet (mit separaten Leistungsverzeichnissen oder getrennten Titeln im LV) oder alles in einem LV bündelt. Jede Losbildung sollte klar ersichtlich sein (etwa getrennte LV-Dateien oder Kapitel je Los) und in der Bekanntmachung angegeben werden. Wird trotz Eignung für Losaufteilung ein Gesamt-LV erstellt, muss diese Entscheidung aus Transparenzgründen begründet werden (insbesondere im Oberschwellenbereich, vgl. § 97 Abs. 4 GWB).
Elektronische Formate und e-Vergabe: Seit Einführung der elektronischen Vergabe (verpflichtend oberhalb der Schwellenwerte seit 2018) müssen Vergabeunterlagen, einschließlich Leistungsverzeichnissen, elektronisch bereitgestellt werden. Auftraggeber veröffentlichen die Vergabeunterlagen auf E-Vergabe-Plattformen zum kostenlosen Download. Ein LV wird in der Regel als GAEB-Datei (Gemeinsamer Ausschuss Elektronik im Bauwesen) zur Verfügung gestellt, insbesondere im Baubereich. GAEB-Formate (z. B. .X83/.P84 XML) ermöglichen den Bietern, die Positionen direkt in ihre Kalkulationssoftware zu importieren und Angebotsdaten digital abzugeben. Alternativ sind auch Formate wie Excel-Tabellen oder PDF zulässig; jedoch sollte das LV nach Möglichkeit maschinenlesbar und strukturiert bereitgestellt werden, um Medienbrüche zu vermeiden. Die Kommunikation und Angebotsabgabe erfolgt zunehmend papierlos – im Unterschwellenbereich schreiben viele Bundesländer die E-Vergabe ebenfalls vor oder empfehlen sie zumindest dringend. Formal müssen elektronische LVs gewissen Anforderungen genügen (z. B. dürfen Datei-Formate die Interoperabilität nicht einschränken; § 11a VOB/A enthält Anforderungen an elektronische Mittel). In der Praxis stellt die Verwendung von GAEB-konformen LVs sicher, dass die Positionsdaten unverändert bleiben und von allen Bietern gleich interpretiert werden (beispielsweise soll die vorgegebene Positionsstruktur nicht manuell geändert werden, um Vergleichbarkeit zu gewährleisten).
Dokumentation und Vergabeakte: Die Erstellung des Leistungsverzeichnisses ist Teil der Vergabevorbereitung und unterliegt der Dokumentationspflicht. Alle wesentlichen Entscheidungen und Annahmen müssen in der Vergabeakte festgehalten werden (vgl. § 20 VOB/A für national, § 8 VgV für EU-Vergaben). Dazu zählt z. B. die Dokumentation von Markterkundungen (falls der Auftraggeber vorab Unternehmen befragt hat, um den Leistungsumfang festzulegen) und die Herleitung der Mengenansätze. Besonders wichtig: Wenn von den Grundsätzen abgewichen wird – etwa wenn Markennamen in der Leistungsbeschreibung genannt werden oder keine Losaufteilung erfolgt – sind die sachlichen Gründe schriftlich zu fixieren. Diese Dokumentation dient im Nachprüfungsfall als Nachweis, dass das LV vergaberechtskonform und willkürfrei aufgestellt wurde. Zudem sollte der Auftraggeber interne Qualitätskontrollen durchführen (Vier-Augen-Prinzip bei LV-Erstellung, Plausibilitätsprüfungen), was ebenfalls dokumentiert werden kann.
Inhaltliche Anforderungen an die Leistungsbeschreibung
Das oberste Gebot lautet, dass die Leistungsbeschreibung klar, eindeutig und vollständig sein muss. Alle Bieter sollen den Leistungsumfang im selben Sinne verstehen und nichts hineininterpretieren müssen. Unklare Formulierungen oder Lücken können zu unterschiedlichen Angebotsansätzen führen und sind daher zu vermeiden. § 7 VOB/A fordert ausdrücklich, dass die Beschreibung so erschöpfend zu erfolgen hat, dass Bieter ihre Preise „sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten“ kalkulieren können. Das bedeutet: Keine Rätsel für Bieter – sämtliche Informationen, die zur Preisfindung erforderlich sind, müssen in den Vergabeunterlagen stehen.
Dazu gehören z. B.:
Genaue Mengenangaben (vermeiden: „circa“-Angaben ohne Not, da dies Risiko verlagert).
Leistungsorte und Ausführungsfristen (wo und wann ist die Leistung zu erbringen).
Detaillierte Beschreibung der auszuführenden Tätigkeiten je Position, inklusive Qualitäten, Dimensionen, Materialien etc.
Alle Umstände, die die Ausführung beeinflussen könnten, etwa Baustellenbedingungen, Zugänglichkeiten, Arbeitszeitenbeschränkungen oder bestehende Anlagen vor Ort.
Gegebenenfalls der Zweck oder die gewünschte Nutzung der fertigen Leistung, sofern dies für die Bauausführung oder Leistungserbringung relevant ist (z. B. Nutzungsanforderungen an ein Gebäude).
Ein vollständiges LV berücksichtigt auch die sogenannten Nebenleistungen und besonderen Leistungen gemäß VOB/C
Routinearbeiten, die laut ATV als Nebenleistungen gelten (z. B. Schutz von Bauteilen, Reinigung der Baustelle), müssen nicht einzeln aufgeführt werden, sofern sie im Preis einzukalkulieren sind. Außergewöhnliche Leistungen dagegen (z. B. Prüfstatiker, Vermessungsleistungen, sofern nicht standardmäßig enthalten) sind als Positionen aufzunehmen oder anderweitig vertraglich zu regeln. Wichtig: Dem Bieter darf kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden. Ungewöhnliche Wagnisse sind Risiken, die der Bieter nicht einschätzen kann – etwa unbekannte Baugrundverhältnisse. Solche Risiken muss der Auftraggeber möglichst durch Voruntersuchungen klären und im LV transparent machen (Baugrundgutachten, Schadstoffkataster etc. beilegen).
Produktneutralität und technische Spezifikationen
Öffentlich ausgeschriebene Leistungen müssen produktneutral beschrieben werden. Das heißt, die Leistungsbeschreibung soll grundsätzlich keine spezifischen Markennamen oder Hersteller vorschreiben. Gemäß § 7 Abs. 2 VOB/A und § 31 Abs. 6 VgV ist ein Verweis auf bestimmte Produkte, Marken, Patente, Typen, Hersteller oder Herkunftsarten unzulässig, wenn er den Wettbewerb einschränken könnte. Ausnahmen sind nur in eng begrenzten Fällen erlaubt, nämlich wenn die Benennung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist oder wenn eine hinreichend genaue und allgemeinverständliche Beschreibung anders nicht möglich ist. Beispiele: Bei Ersatzteilen kann es nötig sein, den Originalhersteller anzugeben, oder bei chemischen Produkten eine spezifische Typenbezeichnung, falls funktional kein generischer Beschrieb ausreicht. In diesen Fällen muss jedoch immer der Zusatz „oder gleichwertig“ aufgenommen werden, damit konkurrierende, gleichwertige Fabrikate angeboten werden dürfen. (Nur in Sonderfällen, etwa bei absoluter Unverträglichkeit anderer Produkte mit bereits vorhandenen Systemen, kann auf den Zusatz verzichtet werden – doch der objektive Grund hierfür ist dann detailliert zu dokumentieren.) In der Praxis empfehlen Vergabestellen, produktneutral zu formulieren und technische Anforderungen eher durch Eigenschaften oder Leistungsparameter zu beschreiben als durch Markennamen. Wo auf Normen oder Typen verwiesen wird, sollte im LV ein allgemeiner Hinweis stehen, dass auch gleichwertige Lösungen akzeptiert werden – oft wird dieser Passus pauschal in den Vorbemerkungen aufgenommen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Technische Standards, Normen und ATV-Referenzen
Öffentliche Auftraggeber sollen bei Bau- und Dienstleistungen nach Möglichkeit anerkannte technische Standards heranziehen. Verweise auf DIN-, EN- oder ISO-Normen sind zulässig und sinnvoll, sofern sie der Beschreibung dienen (z. B. „Alle Arbeiten sind nach DIN XYZ auszuführen“ oder „Baustoff gemäß DIN ABC“). Wichtig ist aber, dass solche Normverweise ebenfalls nicht diskriminierend wirken dürfen – d. h. auch hier gilt das Prinzip „Norm XY oder gleichwertig“. VOB/A und VgV erlauben die Angabe solcher technischer Spezifikationen, verlangen aber die Gleichwertigkeitsklausel (was wie erwähnt durch einen allgemeinen Hinweis abgedeckt werden kann). Für Bauleistungen konkretisiert VOB/C in den einzelnen ATV detailliert, wie Positionen zu formulieren sind und was in ihren Preisen enthalten ist. Beispielsweise regelt DIN 18299 (Allgemeine Regelungen Bau) zahlreiche Angaben, die im LV stehen sollen, etwa zu Baustelleneinrichtung, zur Beschaffenheit der Baustelle oder zur Ausführungsmethode. Ebenso definieren die fachgewerkspezifischen DIN 18300 ff., welche Leistungen als „Besondere Leistungen“ ausdrücklich ausgeschrieben werden müssen. Verkehrsübliche Bezeichnungen sind zu verwenden – die Beschreibung sollte also branchentypische Begriffe nutzen, die jedem kompetenten Bieter geläufig sind, und keine unternehmensinternen Bezeichnungen oder Abkürzungen, die missverstanden werden könnten. Insgesamt trägt das Einhalten der Normvorgaben dazu bei, dass das LV präzise, vollständig und branchenüblich ist.
Vergleichbarkeit der Angebote
Die Art der Leistungsbeschreibung beeinflusst unmittelbar die Vergleichbarkeit der Angebote. Damit am Ende eine transparente und faire Wertung möglich ist, muss das LV so gestaltet sein, dass alle Bieter im Grunde das gleiche Leistungsversprechen anbieten. Daher sind sogenannte Bedarfspositionen (Eventualpositionen, die nur bei Bedarf abgerufen werden) im Regelfall nicht aufzunehmen – sie würden Angebote schwer vergleichbar machen, weil unklar ist, ob und wie sie in die Wertung einfließen. Falls solche Positionen doch nötig sind (etwa als Eventualposition für unvorhersehbare Arbeiten), sollten sie klar als „Nicht Bestandteil des Angebotspreises“ oder „optional“ gekennzeichnet und bei der Wertung ausgeklammert werden. Auch angehängte Stundenlohnarbeiten (Regiearbeiten auf Stundenbasis) sind laut VOB/A auf ein Minimum zu beschränken, da sie das Risiko auf den Auftraggeber verlagern und Preisvergleiche verzerren können. Grundsätzlich sollte jede ausgeschriebene Position eine feste Einheit und Menge haben (z. B. m² Wandfläche mal X m², Stückzahlen, Pauschalen nur wo unvermeidbar) – so können alle Bieter die gleiche Menge bepreisen.
Zur Vergleichbarkeit gehört zudem, dass das LV widerspruchsfrei ist (keine unterschiedlichen Angaben an verschiedenen Stellen) und kalkulationsgerecht. „Kalkulationsgerecht“ bedeutet u. a., dass keine Leistungen verlangt werden, die der Bieter nicht preislich berücksichtigen kann. Beispielsweise wäre es unzulässig, im LV zu fordern, der Bieter solle selbst Lücken in der Leistungsbeschreibung schließen oder bestimmte Leistungen „nach eigener Beurteilung“ einpreisen – vielmehr muss der Auftraggeber selbst die Leistung genau bestimmen. Die Angebote der Bieter werden später nach einheitlichen Kriterien bewertet; insofern ist sicherzustellen, dass die Leistungsbeschreibung keinen Bieter bevorzugt oder benachteiligt. Dies korrespondiert mit dem Transparenzgebot: Alle notwendigen Informationen zur Leistung müssen allen Interessenten gleichzeitig und vollständig zugänglich gemacht werden, damit jeder die gleiche Angebotsgrundlage hat.
Besondere inhaltliche Aspekte (Dokumentation, Umwelt, Soziales)
In der Leistungsbeschreibung können neben rein technischen Vorgaben auch qualitative und nachhaltigkeitsbezogene Anforderungen formuliert werden. Vergaberechtlich ist klargestellt, dass Aspekte der Qualität sowie soziale und umweltbezogene Merkmale Bestandteil der Leistungsanforderungen sein dürfen. Beispielsweise kann ein Auftraggeber vorschreiben, dass nur umweltzertifizierte Materialien verwendet werden oder dass bestimmte Arbeitsbedingungen einzuhalten sind, sofern dies in Verbindung mit dem Auftragsgegenstand steht und verhältnismäßig ist. Solche Anforderungen müssen allerdings eindeutig im LV beschrieben werden (etwa durch Verweis auf Umweltzeichen-Kriterien oder festgelegte Standards), damit sie von allen Bietern erfüllt und kalkuliert werden können. Außerdem sind die Dokumentations- und Transparenzpflichten zu beachten: Werden z. B. bestimmte Gütezeichen oder Nachhaltigkeitsnachweise verlangt, muss im LV angegeben werden, dass auch gleichwertige Nachweise akzeptiert werden, um keine unbilligen Hürden aufzubauen (vgl. § 34 VgV / § 24 UVgO zu Gütezeichen). Jede besondere Anforderung sollte begründet im Vergabevermerk auftauchen, damit im Zweifel nachweisbar ist, warum sie für die Auftragsausführung relevant ist. Insgesamt gilt: Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind oberstes Gebot – sowohl im Text des Leistungsverzeichnisses als auch in der internen Dokumentation zu seiner Erstellung.
Konventionelles Leistungsverzeichnis vs. funktionale Leistungsbeschreibung
Bei der Erstellung der Vergabeunterlagen ist zu entscheiden, ob die Leistung konventionell (detailliert) oder funktional beschrieben werden soll. Der Regelfall bei öffentlichen Aufträgen ist die Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis, d. h. der Auftraggeber legt die auszuführenden Teilleistungen und Mengen vollständig fest und die Bieter kalkulieren darauf basierend ihre Preise.
Alternativ kann eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm – umgangssprachlich funktionale Leistungsbeschreibung – gewählt werden.
Konventionelles LV: Hier übernimmt der Auftraggeber die Planung im Detail. Das Leistungsverzeichnis enthält sämtliche Positionen der auszuführenden Arbeiten oder Dienstleistungen. Diese Variante wird praktisch immer bei VOB-Vergaben angewandt, wenn die Bauleistung nach fertiger Planung ausgeschrieben wird. Vorteil: Die Angebote sind direkt preislich vergleichbar, da alle Bieter auf identischer Leistungsgrundlage bieten. Nachteil: Der Auftraggeber trägt das Planungsrisiko und muss alle Leistungen im Voraus genau beschreiben.
Funktionale Leistungsbeschreibung: Hier beschreibt der Auftraggeber nur die gewünschte Funktion oder den angestrebten Erfolg der Maßnahme, nicht die einzelnen Arbeitsschritte. Zum Beispiel könnte die funktionale Anforderung lauten: „Herstellung eines Gebäudes mit definierten Eigenschaften (Größe, Energieeffizienzklasse, Raumanzahl usw.)“ anstelle eines detaillierten Baubeschreibung mit Leistungsverzeichnis; oder im Dienstleistungsbereich: „technische Instandhaltung eines Anlagenparks mit garantierter Verfügbarkeit von X % über 5 Jahre“ anstelle von einzelnen Wartungspositionen. Die Bieter müssen bei funktionaler Ausschreibung also selbst Lösungskonzepte und oft auch die Ausführungsplanung erarbeiten (Planungsanteil liegt beim Bieter). Dies eröffnet Spielraum für innovative oder wirtschaftlichere Lösungen und kann sinnvoll sein, „um die technisch, wirtschaftlich und gestalterisch beste Lösung zu erhalten“. Allerdings stellt es hohe Anforderungen an die Vergabestelle: Die Mindestanforderungen an die Funktion sind klar zu definieren, und die Zuschlagskriterien müssen so gestaltet sein, dass unterschiedliche Lösungen vergleichbar bewertet werden können.
Rechtlich ist die funktionale Leistungsbeschreibung im Baubereich durch § 7c VOB/A gedeckt. Danach kann der Auftraggeber abweichend vom klassischen LV ein Leistungsprogramm vorgeben, „wenn es nach Abwägen aller Umstände zweckmäßig ist“, etwa bei Design-&-Build-Projekten. In der Praxis findet dies Anwendung z. B. bei PPP-/ÖPP-Projekten, Generalunternehmervergaben oder komplexen Anlagen, wo der Markt Know-how einbringen soll. Für Dienstleistungen gibt es keine ausdrückliche Parallelvorschrift, jedoch ermöglicht § 23 UVgO Abs. 1 auch hier die Beschreibung als „zu lösende Aufgabe“ oder mittels Funktionsanforderungen. Wichtig bleibt: Auch eine funktionale Beschreibung muss eindeutig und vollständig sein hinsichtlich der Zielvorgaben. Sie enthält andere Inhalte als ein konventionelles LV – etwa Leistungsparameter, Erfolgskriterien, Schnittstellenbedingungen, Qualitätsstandards – ist aber genauso dem Vergaberecht unterworfen (Produktneutralität, Transparenz, Dokumentation etc. gelten unverändert). Oft wird in diesen Fällen eine Zweiphasen-Vergabe (mit Lösungen im Verhandlungsverfahren oder wettbewerblichen Dialog) gewählt, damit Unklarheiten in der Aufgabenbeschreibung im Dialog geklärt und Angebote vergleichbar gemacht werden können. Es sollte die Vergabestelle die gewählte Art der Leistungsbeschreibung an der Beschaffenheit des Auftrags ausrichten. Standardisierte, gut beschreibbare Leistungen eignen sich für ein konventionelles Leistungsverzeichnis, wohingegen komplexe, innovative Vorhaben ggf. eine funktionale Ausschreibung erfordern. In jedem Fall muss die Dokumentation begründen, warum die gewählte Variante gewählt wurde (z. B. Vermerk, dass funktionale Ausschreibung gewählt wurde, um Optimierungsvorschläge der Bieter zu erhalten).
Transparenz
Der Grundsatz der Transparenz im Vergaberecht verlangt, dass das gesamte Verfahren und alle Anforderungen für Beteiligte nachvollziehbar sind. Das Leistungsverzeichnis als „Herzstück“ der Unterlagen muss daher alle Informationen enthalten, die ein Bieter benötigt, um ein Angebot mit Aussicht auf Zuschlag abzugeben. Zudem sind alle Bieter gleich zu behandeln – d.h. Änderungen oder Erläuterungen zum LV während der Angebotsphase müssen allen bekannt gemacht werden (in Form von Bieterinformationen). Im LV selbst soll klar erkennbar sein, was gefordert wird und wie das Angebot gestaltet werden soll. Elemente, die nicht erlaubt sind (z. B. produktbezogene Spezifikationen ohne „gleichwertig“-Zusatz), dürfen nicht hinein. Die Vergabestelle muss darauf achten, dass die endgültige Fassung des LVs vollständig ist und keine versteckten oder unklaren Punkte enthält.
Dokumentation und Vergabekontrolle
Wie oben erwähnt, ist die Erstellung einer Leistungsbeschreibung kein freies Belieben, sondern ein administrierter Prozess. Von der Bedarfsermittlung bis zur finalen Freigabe des LVs sollten alle Schritte dokumentiert werden (z. B. Genehmigungen, Prüfläufe, Marktrecherchen). Diese Dokumentation gewährleistet nicht nur interne Kontrolle, sondern dient auch der Rechtsicherheit: Im Falle eines Nachprüfungsverfahrens (Vergabekammer) kann geprüft werden, ob das LV fehlerhaft war (eine „unklare Leistungsbeschreibung“ wäre ein erheblicher Vergabeverstoß). Daher sollte die Vergabestelle im Vorfeld Qualitätssicherungsmaßnahmen ergreifen, etwa eine Check der Leistungsbeschreibung durch fachkundige Dritte oder Kollegen. Punkte wie Eindeutigkeit, Vollständigkeit, Produktneutralität, Normenkonformität etc. sollten dabei abgeprüft werden (siehe Checkliste unten). Auch die Entscheidung, ob funktional oder konventionell ausgeschrieben wird, gehört in die Dokumentation. Letztlich fördert eine sauber dokumentierte und transparente Leistungsbeschreibung die Vergleichbarkeit der Angebote und minimiert das Risiko von Missverständnissen, Nachträgen oder Rechtsstreitigkeiten während der Auftragsausführung.
Diese Checkliste kann bei der Erstellung oder Prüfung eines Leistungsverzeichnisses helfen. Sie fasst die wichtigsten Anforderungen zusammen:
Klare Leistungsbezeichnung: Ist der Auftragsgegenstand präzise benannt? (Ist sofort erkennbar, was beschafft werden soll – z. B. „Sanierung Turnhalle Dachabdichtung“ oder „Wartung von 10 Aufzugsanlagen“?)
Eindeutige und erschöpfende Beschreibung: Wurden alle Leistungen und Teilleistungen eindeutig beschrieben, ohne Spielräume für Interpretation? Enthält das LV alle erforderlichen Details, damit ein Bieter ohne Rückfragen kalkulieren kann?
Vollständigkeit der Angaben: Sind alle preisrelevanten Umstände angegeben? Dazu zählen insbesondere Mengen und Maße (Vorsicht bei ca.-Angaben), Leistungsort(e) und Zugänglichkeiten, Ausführungsfristen oder -zeiträume, Baustellenbedingungen (z. B. Bodenverhältnisse, Witterungseinflüsse, örtliche Einschränkungen), vorhandene Anlagen oder Schnittstellen, an die angeknüpft werden muss und Qualitätsstandards, Prüfungen oder Dokumentationen, die der Auftragnehmer einhalten/vorlegen muss.
Keine Widersprüche: Ist das LV in sich widerspruchsfrei? (Stimmen z. B. die technischen Vorgaben mit den vertraglichen Bedingungen überein, sind Positionsangaben konsistent, keine Dopplungen oder sich widersprechende Anforderungen?)
Produktneutralität gewahrt: Wurden keine Markennamen oder geschützten Bezeichnungen verwendet, außer wo unvermeidbar? Falls spezifische Produkte genannt sind, steht „oder gleichwertig“ dabei und ist die Wahl sachlich begründet und dokumentiert?
Technische Spezifikationen und Normen: Werden anerkannte Normen und Standards korrekt referenziert (inkl. Gleichwertigkeitszulassung)? Wurden die VOB/C ATV-Hinweise beachtet (bei Bauleistungen) – d.h. sind alle in DIN 18299 ff. geforderten Angaben im LV enthalten (z. B. Angaben zur Baustelle, Ausführungsbedingungen, Abrechnungsregeln etc.)?
Struktur und Gliederung: Ist das LV übersichtlich aufgebaut (z. B. nach Gewerken, Bereichen oder Leistungsabschnitten gegliedert)? Sind Positionsnummern logisch und durchgängig? Bei mehreren Losen: sind diese klar getrennt dargestellt (eigenes LV pro Los oder Kapitel je Los)?
Vorbemerkungen: Falls vorhanden, beschränken sich Vorbemerkungen auf technische bzw. leistungsspezifische Inhalte, die für alle Positionen gelten? Sind keine unerlaubten Klauseln oder kaufmännischen Bedingungen im technischen Teil versteckt?
Losaufteilung geprüft: Wurde die Möglichkeit der Aufteilung in Lose bedacht (Teillose/Fachlose)? Falls nein: liegt ein dokumentierter Grund vor (technisch/wirtschaftlich) und ist der Verzicht vergaberechtskonform begründet? Falls ja: sind die Lose nachvollziehbar definiert und getrennt ausgeschrieben?
Elektronische Bereitstellung: Liegt das LV in geeigneter elektronischer Form vor (GAEB-Format für Bauleistungen oder sonst gebräuchliches Format)? Wurden ggf. die Dateien getestet, ob sie sich fehlerfrei öffnen und importieren lassen? Sind alle notwendigen Dateien (inkl. eventueller Anlagen wie Pläne, Leistungsbeschreibungen in Textform) beigefügt und stimmen sie mit dem LV überein?
Kalkulationsneutralität: Enthält das LV keine Positionen mit unbestimmtem Preisrisiko? (Keine unbegrenzten Eventualpositionen; Stundenlohn-Arbeiten nur soweit nötig und mit geschätztem Umfang; keine ungewöhnlichen Wagnisse auf den Bieter abgewälzt.) Sind ggf. Alternativpositionen oder Eventualpositionen klar gekennzeichnet und für die Angebotswertung ausgeklammert?
Vergleichbarkeit der Angebote: Ermöglicht die Struktur des LVs eine vergleichende Angebotswertung? (Alle Bieter müssen im Angebot die gleichen Positionen bewerten – keine individuellen Leistungsvarianten ohne Vorgabe. Bei funktionaler Beschreibung: Mindestanforderungen so definiert, dass Angebote vergleichbar geprüft werden können.)
Zuschlagskriterien getrennt behandelt: Enthält das LV nicht irrtümlich Bewertungskriterien, die woanders hingehören? (Die Zuschlagskriterien und Eignungskriterien werden i. d. R. in separaten Dokumenten oder in den Bewerbungsbedingungen genannt, nicht im technischen Leistungsverzeichnis. Das LV sollte aber alle technischen Mindestanforderungen abdecken, die ein Angebot erfüllen muss.)
Dokumentation und Transparenz: Sind besondere Festlegungen im LV (z. B. Markenvorgaben, Verzicht auf Losaufteilung, hohe Anforderungen) in der Vergabeakte begründet und dokumentiert? Wurde das Vier-Augen-Prinzip oder eine fachliche Gegenkontrolle angewandt, um die Qualität des LVs zu prüfen? Im Zweifel: wurde eine Markterkundung durchgeführt und deren Ergebnis berücksichtigt (§ 20 UVgO erlaubt Markterkundung, um realistische Leistungsanforderungen zu formulieren)?
Freigabe und Veröffentlichung: Wurde das LV final durch die Vergabestelle freigegeben? Stimmen die veröffentlichten Vergabeunterlagen mit der freigegebenen Fassung überein (Vorsicht vor unterschiedlichen Versionen)? Ist die Zugänglichkeit der Unterlagen gewährleistet (vollständiger Upload aller LV-Dateien, keine nachträglichen Änderungen ohne Info an alle Bieter)?
Diese Checkliste hilft sicherzustellen, dass ein Leistungsverzeichnis den gesetzlichen Vorgaben genügt und in der Praxis zu verstehenden, vergleichbaren und wettbewerbsgerechten Angeboten führt. Ein sorgfältig erstelltes LV fördert nicht nur die Rechtssicherheit des Vergabeverfahrens, sondern auch den Projekterfolg, da Missverständnisse und Nachträge während der Ausführung minimiert werden. Fazit: Die Investition in eine gründliche Leistungsbeschreibung nach VOB/A, VgV, UVgO & Co. zahlt sich aus – sie gewährleistet Transparenz, Gleichbehandlung und einen fairen Wettbewerb um das beste Angebot im Sinne des Auftraggebers.
